Ein mutiges Leben

Hätten wir den notwendigen Mut besessen, als noch Zeit zum Handeln und zum Planen war, was hätten wir damal alles erreichen können? Mit welchen heroischen Taten hätten wir uns schmücken können, oder über welche Entbehrungen hätten wir jetzt berichten können? Welchen Sinn hätten wir unserem Dasein verliehen?

Doch eigentlich sind wir armselig. Denn wenn wir unser Potenzial nicht ausleben, wenn wir es nicht entfalten, nutzbar machen und Dinge verändern, dann machen wir uns arm and Erfahrungen und an dem was wirkliches Leben ausmacht! Die so verlorene Zeit kann uns keine Fernsehserie, keine NachRichten und kein Smartphone ersetzen. All diese Dinge können uns nur davon ablenken, den Schmerz nicht zu fühlen, den ein bedeutungsloses Leben in uns verursacht.

Denn dann führen wir ein Leben im Nichts. Ein in grossen Teilen sinn-entfremdetes Leben, das vielleicht noch für Andere und durch Andere nutzbar gemacht werden kann, dessen Arbeitskraft oder Reproduktionskraft in die richtige Richtung gelenkt werden kann. Doch es ist und bleibt ein geführtes, fremdbestimmtes Leben und Dasein. Ein Dasein, das jeden Tag Schmerzen bereitet, die sich alsbald auch physisch manifestieren, denn eine gequälte Seele bedingt stets einen gequälten Körper.

Doch sind es nicht die anderen, die uns fremdbestimmt werden lassen. Es ist der Unmut, es ist die Mutlosigkeit, es ist das Aufgeben, was schlussendlich dazu führt, dass Andere uns Aufgaben geben, die uns immer wieder zur Aufgabe drängen.

 

Nehmen wir an, Du hättest noch einen Tag zu Leben. Was würdest Du dann alles tun?

Wahrscheinlich denkst Du gerade an die Menschen, die Du gerne um Dich hättest. Du malst Dir vielleicht Deine letzten Stunden aus, denkst dann an das, was Du hinterlassen willst und was Dir diesbezüglich wichtig ist. Zeit zum Handeln bleibt jedoch kaum mehr. Du kannst Dein Potenzial weder entfalten noch nutzen. Du kannst nur noch abwickeln.

 

Nehmen wir an Du hättest mehr Zeit. Sagen wir eine Woche?

Dann würdest Du wahrscheinlich daran denken, was Du noch tun könntest. Du hast jetzt die Zeit, Dinge zu tun, zu denen Du nicht den Mut hattest, als Du noch am Leben warst. Du kannst Deinem Lehrer oder Deinem Chef sagen, wie gut oder schlecht er war, Deinen Lieben erzählen, wie schön die Zeit mit ihnen war und Deinen Feinden die Meinung geigen. Du kannst all das tun, wozu Dir der Mut fehlte. Du kannst Dich gegen Unrecht auflehnen, Teilhaben und Teilnehmen, ganz ohne Furcht, denn kaum etwas wird Dein Schicksal verändern. Man kann Dir nichts mehr nehmen, ausser dem bisschen Zeit, das Dir noch geblieben ist. Doch letztendlich wirst Du weder die Früchte Deines Mutes noch Deines Handelns geniessen können. Du kannst nur noch übergeben, an diejenigen, die nach Dir kommen.